Vom Boden auf den Tisch
Die
Wurzeln des Billardspiels liegen im 12.
und 13. Jh., in einer Zeit, wo noch alle heute bekannten
Kugel- oder Ballspiele miteinander verwandt bzw. vermischt waren und
keine allzu grossen individuellen Ausprägungen besassen. Wie Carl Diem
in seiner Weltgeschichte des Sports beschreibt, gab
es damals nur zwei grundlegend unterschiedliche Ballspiel-Gattungen:
das Hin- und Herspiel und das
Treibballspiel. Billard hat sich aus der 2. Gattung
entwickelt, wobei eine spezielle Art, das Mailspiel,
in Hinsicht auf das Billard besonders interessant ist. Bei diesem Spiel
wurde ein Ball mit einem kleinen Holzhammer am Boden getrieben. Man
sieht darin auch einen direkten Vorläufer des Kricketspiels, des Golf,
des Krocket, des Hockey und des Billard. In der 1. Hälfte des 15. Jh.
wurde das "Bodenbillard" auf den Tisch gehoben und entwickelte
sich eigenständig.
Man kann keinem Land die Erfindung des Billardspiels zuschreiben.
Gewisse Faktoren deuten jedoch in Richtung England, wobei durch den
regen kulturellen Austausch zur Zeit der Frührenaissance eine
Verbreitung in höfischen Kreisen Europas rasch stattfand.
Zeitvertreib des Adels
Im
16.Jh. verbreitete sich das Billard in Residenzen und den Universitäten
angegliederten
Ballhäusern, wo es neben einer Frühform des
Tennis zum festen Bestandteil der Einrichtung gehörte.
Noch war es ein Spiel des Adels und des oberen
Soldatenstandes, aber mit dem aufkommenden Bürgertum weitete
sich der Kreis der Ausübenden aus.
Im 17. und 18. Jh. , einem Zeitalter der Kämpfe zwischen
Aufklärung und Absolutismus, durchlebte das Billardspiel ein
wechselvolles Schicksal.
Die Sportausübung, oder besser: die Spielmöglich- keit für eine
breitere Schicht hing im wesentlichen vom Wohlwollen
der königlichen Machthaber bzw. der Staatsraison ab. Eine
Vielzahl von Dekreten, Erlässen und Circularen schränkte das
Billardspiel stark ein, verbot es ganz, belegte es mit
Sondersteuern etc.
Die
Geburtsstunde des modernen Billardspieles hat mit der
Erfindung der Lederkappe (Procédé) im Jahre 1827
durch
den Franzosen Mingaud begonnen. Bis dahin war man
ge-
zwungen, den Spielball möglichst zentral zu treffen.
Effetstösse
und - was das Erstaunen der Billardwelt hervor-
rief
- Rückläufer waren nun möglich. Rasch nahm das Spiel
seinen Aufschwung, und vor allem in Paris bildeten sich
Meister heran, die den Grundstock für die spätere Entwick-
lung
legten.
Leonard
de Selva 19.Jahrhundert
Billardzimmer
im Schloss
Schönbrunn...
Ein Spiel
wird Sport
England,
Pionier der meisten Sportarten, hat auch das Billardspiel durch
Aufstellung genauer Regeln und Abhaltung von Meisterschaften im
Jahresrythmus, zum Sport entwickelt. Die ersten Turniere wurden in der
1. Hälfte des 19. Jh. meist in Form von Herausforderungen ausgetragen.
Bis ca. 1840 wurden die Points nur "auf Machen" gespielt. Als Vater des
Stellungsspieles wird der Franzose Romain
angesehen. 1860 machte der 1836 geborene Franzose Mangin
in Vichy mit 108 Points die erste Hunderterserie, später gelang ihm
noch eine Serie von 724 ohne Amerikanische Serie. 1873 wurde die 1.
Weltmeisterschaft der Berufsspieler abgehalten. 2 Spieler aus den USA,
2 Kanadier und 2 Franzosen traten in der Irving Hall in New York zum
Kampf an, Sieger wurde der Pariser Garnier mit 9.32 GD in der Freien
Partie und einer Höchstserie von 113! 1876 gab es etwas Neues zu
sehen.
Die
kanadischen Brüder Dion und der US-Profi Sexton
führten erstmals die Amerikanische Serie
öffentlich vor. 4 Jahre reichten aus, um diese Serie so zu
vervollkommnen, dass der berühmte Franzose Vignaux
auf eine Serie von 1.103 des Amerikaners Slosson sofort mit 1531
antworten konnte.
Um
1900 konstituierten sich viele nationale Verbände, und die strenge
Unterscheidung von Amateuren und Professionals wurde auch im
Billardsport eingehalten. Unter der Führung von Frankreich wurden seit
1903 Billardweltmeisterschaften der Amateure abgehalten. Die
Beteiligung von immer mehr Nationen führte 1912 zur Gründung eines
Weltbillardverbandes, der aber 1914 aufgrund des ausbrechenden
Weltkrieges sein Wirken einstellte.
Die
Geschichte des modernen organisierten Billardsportes beginnt 1923 mit
Gründung eines neuen Weltverbandes. Seit dieser Zeit werden regelmässig
Kontinental- und Weltmeisterschaften abgehalten. Waren die Folgen des
1. Weltkrieges für das Billardspiel noch verhältnismässig gering, so
war der Rückgang nach dem 2. Weltkrieg umso grösser.
Wirtschaftliche
Notwendigkeiten, der zweite Verlust von Millionen
Menschen in einem Zeitraum von 25 Jahren und eine totale Hinwendung zur
Technik schränkten die Verbreitung des Billards enorm ein. In den
letzten Jahren hat der Billardsport wieder seinen ehemaligen
Stellenwert in der Gesellschaft erlangt. Über Schulen, Universitäten
und Jugendorganisationen wird der Nachwuchs erfasst. Die Medien,
insbesondere das Fernsehen, bringen Spitzensport ins Haus und "machen"
auf diese Weise die Stars, die jeder Sportzweig als Vorbilder notwendig
hat.
Zusammenfassend -
Gute Zukunftsaussichten für ein Spiel mit grosser Vergangenheit.
Über die Erfindung des
Billardsports gibt es mehr Legenden als stichhaltige Überlieferungen.
Einschlägige Encyclopädien verraten aber, dass dieses heute so
verbreitete Spiel wohl im 16. Jahrhundert in Italien entstand und im
17. Jahrhundert am Hofe Ludwig XIV bei Adligen und vornehmen Damen ein
beliebtes Unterhaltungsspiel war. - Man staunt, wenn man hört, dass das
Billardspiel erst seit ca. 1750 mit geraden Stäben (Queues) gespielt
wird, während vorher gebogene Schläger üblich waren. Auch die in
manchen nervösen Spielpausen beim Einkreiden überstrapazierte
Lederkuppe (Procédé) wurde erst 1827 eingeführt.
Nicht verbrieft, aber doch
recht plausibel klingt die Konstruktion des Wortes Billard:
Die beiden Wörter Bille
(Kugel, Ball) und Art (Kunst) wurden
zusammengelegt, frei übersetzt würde dies „Die Kunst mit den Kugeln“
ergeben.
Billard wird vorwiegend von
Männer (warum eigentlich ?) aus allen Gesellschaftsschichten gespielt. Am Anfang war es der
Königshof, dann die obersten Schichten - doch bald erlagen auch die
„Gewöhnlichen„ der Faszination Billard. Die Liste von Künstlern und
Gelehrten ist lang, die sich am Billardtisch erholten oder auch den
Ehrgeiz investierten, mit den drei Kugeln besondere Leistungen zu
erbringen.
Anderseits erinnern sich viele
an Gangster- und Ganovenfilme, in welchen in meist rauchigen
Hinterzimmern von zwielichtigen Typen Billard gespielt wurde.